Musikworkshop vom 20. bis 27. Mai 2001 in Pskow / Russland

logoplakat

Das Tagebuch des Musikworkshops

verfasst durch Ina Bender

Sonntag, 20. Mai 2001

Endlich ist es soweit…

Nach monatelanger Vorbereitung reist die Rur-Rock-Band am Sonntag den 20.05.01 von Oberbruch aus nach Russland.

Viele Eltern, Verwandte und Freunde helfen, die großen Reisetaschen im Bus zu verstauen und winken zum Abschied, als die Gruppe um Punkt 9.30 Uhr das Schulgelände verlässt. Spätestens jetzt werden alle Schüler, Lehrer und Betreuer vom Reisefieber gepackt.

Auf dem Flughafen in Düsseldorf herrscht hektisches Treiben und daher vergeht einige Zeit, bis alle Koffer, Taschen, Kisten und Instrumente der Rur-Rock-Band am Schalter von Pulkovo Airlines aufgegeben sind.

  Nach einer Pass- und Flugscheinkontrolle werden wir mit Bussen über das Rollfeld zum Flugzeug gebracht. Die große, russische Maschine ist mit ca. 350 Personen voll besetzt, als wir mit etwa einer Stunde Verspätung in Düsseldorf abheben. Da einige Schüler zum ersten Mal fliegen, gibt es so viel Interessantes zu sehen, daß die 2 1/2 Stunden an Bord der Maschine sprichwörtlich „wie im Flug vergehen“.

Als wir in St. Petersburg landen, ist es leider kalt und regnerisch. Nach längerem Warten auf die Koffer, werden wir noch am Flughafen von Swetlana, einer Lehrerin des HPZ begrüßt. Auf dem Parkplatz spielt ein Trompeter die deutsche Nationalhymne. Um kurz vor 20 Uhr Ortszeit fahren wir mit dem Bus weiter, Richtung Pskow.

Auf der Fahrt bekommen Schüler und Lehrer einen ersten Eindruck von Russland. Erschöpft erreichen wir um kurz nach 2 Uhr Nachts unser Ziel; das Feriendorf der russischen Zentralbank in Kriwsk bei Pskow.

Swetlana, die stellvertretende Schulleiterin des HPZ, und Jelena, eine Lehrerin, empfangen uns herzlich. Alle sind froh, endlich am Ziel zu sein.

Schnell werden noch die Zimmer verteilt, danach fallen wir todmüde und erschöpft von der langen Reise in die Betten.

Montag, 21.05.01

Nach einer relativ kurzen Nacht treffen wir uns um 10 Uhr morgens zum ersten gemeinsamen Frühstück. Zu unserer großen Überraschung gibt es zunächst Brei, danach Fisch und Kartoffelpüree. Andere Länder, andere Sitten…

Endlich treffen wir auch die Schüler des HPZ und des Musikcolleges, die zusammen mit Rur-Rock musizieren werden.

  Nach dem Frühstück unternimmt die Gruppe einen Erkundungsspaziergang durch das riesige Gelände des Feriendorfes. Es gibt dort mehrere Schwimmbäder, verschiedene Sportplätze, Fitnessgeräte, einen Spielplatz, eine Sporthalle und Vieles mehr. Wir gehen bis zum Pskower See, der viel größer ist, als erwartet. Leider ist bei diesem Wetter an Baden nicht zu denken.

Bis zum Mittagessen bleibt noch etwas Freizeit, so kann jeder das Gelände und die verschiedenen Zimmer auf eigene Faust erkunden.

  Nach dem Mittagessen stellt Swetlana den Workshop vor: Montag Nachmittag: Probe; Dienstag: gemeinsame Probe, Mittwoch Vormittags: Besuch im HPZ, danach Stadtbesichtigung in Pskow, nach dem Mittagessen: Probe; Donnerstag: Generalprobe; Freitag: Konzert!          …das klingt nach harter Arbeit.

  Gegen 15 Uhr treffen sich alle im Gemeinschaftsraum zu einer Kennenlernrunde. Zu dem Lied „Hallo Freunde“, kommen nach und nach alle Teilnehmer des Musikworkshops in die Mitte des Stuhlkreises, um sich vorzustellen. Endlich haben sich alle kennengelernt und die Gruppe wächst zusammen.

Nach einer kurzen Pause und „Soundcheck“ steht der ersten Probe dann nichts mehr im Weg. Die Zusammenarbeit klappt auf Anhieb und die Band wird durch ein neues Instrument bereichert. Tamara, eine College-Studentin verfeinert den Klang durch ihr Akkordeon. Auch die Sänger und Schlagzeuger haben tat- und gesangskräftige Unterstützung bekommen. Die Rur-Rock-Band zählt jetzt 34 Workshop-Teilnehmer. Nach der gelungenen Probe werden später beim Essen Partypläne für den Abend geschmiedet.

Das große Foyer des Gemeinschaftshauses ist ein perfekter Discoraum mit großer Tanzfläche, Musikanlage und Lichteffekten.

Zu aktueller Chartmusik wird bis 21.30 Uhr ausgelassen gefeiert und getanzt. Ein erlebnisreicher Tag geht zu Ende.

 

Dienstag, 22.05.01

Nach dem gemeinsamen Frühstück treffen sich alle zur Vormittagsprobe, dabei üben die Schlagzeuger besonders Rhythmen und Tonparameter.

Die Sänger „basteln“ in der Zwischenzeit an russischen Passagen, die in die englischen und deutschen Liedtexte eingefügt werden. Außerdem werden besonders die Solopassagen geübt. Die Zusammenarbeit macht Allen großen Spaß.

Auch nach der Mittagspause wird konzentriert geprobt und die Stimmung ist gegen Ende so gut, daß sich Kai, „der Mann von der Presse“, zu einem spontanen Schlagerkonzert hinreißen läßt. Musikalisch begleitet von den Lehrern und Pascha am Schlagzeug, gibt er Hits wie „17 Jahr, blondes Haar“ zum Besten. Die Schüler sind begeistert.

  Vor dem Abendessen bleibt noch Zeit für einen Spaziergang zum See, wobei wir trotz des kalten Windes, die Sonne genießen.

  Später am Abend haben die Schüler der Hauptschule eine große Überraschung vorbereitet: Zu Techno-Musik und Discobeleuchtung führen Ina, Carina und Romina einen selbst einstudierten Tanz vor. Nach tosendem Applaus und einer Zugabe schwingen dann Alle ihre Tanzbeine.

 

Mittwoch, 23.05.01

Heute trifft sich die Gruppe schon eine Stunde früher zum Frühstück, denn ein Ausflug nach Pskow steht auf dem Programm.

  Um 10 Uhr holt uns ein Bus ab, der uns zunächst zum HPZ bringt. Dort angekommen, werden wir herzlich von allen Schülern, Lehrern und Betreuern des HPZ empfangen. Bei einer Besichtigung der Schule bekommen die deutschen Schüler einen Einblick in den russischen Schulalltag.

Danach bleibt noch Zeit für Gespräche mit neuen und „alten“ Bekannten.

Weiter geht es zum Pskower Kreml, dem Wahrzeichen der Stadt aus dem 13. Jahrhundert. Vor dem wunderschönen Zwiebelturm-Bau werden unzählige Fotos „geschossen“. Besonders faszinierend ist jedoch der Innenraum der Kirche. Im Gegensatz zu deutschen Kirchen befinden sich dort keine Sitzbänke oder Kanzeln, dafür aber meterhohe Wandbemalungen, Kerzen, Blumen und Räucherstäbchen.

Anschließend spazieren wir durch die alten Stadtmauern bis hinunter zum Fluss. Endlich haben wir auch etwas von der Stadt Pskow kennengelernt.

Die Probe fällt heute etwas kürzer aus, und da das Wetter besser geworden ist, sitzen viele Schüler noch draußen auf den Holzbänken vor den Häusern.

Für den Abend werden neben der sehr beliebten Disco auch noch einige Partys in verschiedenen Zimmern geplant.

Donnerstag, 24.05.01, Vatertag

Während des Frühstücks bekommen die Rur-Rocker Besuch aus Deutschland. Um das morgige Konzert mitzuerleben, sind Bernd Schleberger, Sabine Kraft und Heribert Kamps, der Schulleiter der Hauptschule, zusammen mit drei Abgeordneten des Kreises Heinsberg nach Pskow gereist.

Bernd Schleberger, Sabine Kraft und Heribert Kamps werden den ganzen Tag in Kriwsk verbringen, und auch bei der Generalprobe am Abend dabei sein.

Nach einer kurzen gemeinsamen Probe am Vormittag, hat die Band eine kleine Überraschung für alle Väter in der Gruppe vorbereitet. Nachdem mehrere Ständchen gesungen sind, bekommt jeder Vater als Geschenk eine kleine Flasche Wodka überreicht.

Am Nachmittag ist dann Freizeit, die besonders für sportliche Aktivitäten genutzt wird. Etwa 20 Schüler, Lehrer und Betreuer besuchen das tolle Hallenbad; eine andere Gruppe trifft sich zu Ballspielen in der Turnhalle.

Um 20 Uhr beginnt dann die Generalprobe, zu der auch andere Gäste des Feriendorfes gekommen sind.

Zunächst müssen noch kleinere tontechnische Probleme aus dem Weg geräumt werden, aber danach läuft alles „wie geschmiert“.

Schnell wird deutlich, daß sich die harte Probenarbeit der letzten Tage gelohnt hat. Die verschiedenen Musiker sind zu einer Band zusammengewachsen und harmonieren perfekt.

Besonders die russischen Lieder werden von den Zuschauern mit viel Applaus belohnt. So wird schon die Generalprobe zu einem kleinen Konzert.

 

Freitag, 25.05.01

Heute ist der große Tag…

Beim Frühstück bespricht Swetlana mit uns den Tagesablauf und das Programm des Konzerts.

Danach ist bis zum Mittagessen Freizeit, die viele zu einem weiteren Spaziergang zum See nutzen. Einige Lehrer fahren schon jetzt zur Philharmonie, um die Instrumente und die Technik vorzubereiten.

  Nach dem Mittagessen machen sich die Band-Mitglieder fertig für den Auftritt. Einige nutzen die Zeit auch, um sich noch etwas auszuruhen. Um 15 Uhr wird die Gruppe von zwei Schulbussen in Kriwsk abgeholt. Ein Missverständnis beim zählen der Schüler soll sich später als folgenschwer herausstellen…

Die Stimmung in den Bussen ist wie immer sehr gut, viele erzählen oder singen sich schon mal warm. Nach ca. 30 Minuten Busfahrt, kommt die Gruppe an der Philharmonie in Pskow an und wird wie vom Blitz getroffen, als sich herausstellt, das Jasmin in Kriwsk zurückgeblieben ist. Ein wirklich großer Schreck.

Nach kurzer Überlegung ruft Swetlana im Feriendorf an und organisiert einen Fahrdienst, der Jasmin zum Konzert bringt.

Unterdessen ist in der Halle der Soundcheck in vollem Gang. Die Philharmonie ist sehr groß und auf der Bühne ist genug Platz. Alle sind vom Klang der Musikanlage und der Instrumente begeistert. Auch das Lampenfieber steigt…

Um 17 Uhr trifft zu unserer großen Erleichterung auch Jasmin endlich ein. Sie ist wohl die Einzige, die in der Situation gelassen geblieben ist.

Die ersten Zuschauer versammeln sich im Foyer und in den Künstlergarderoben steigt die Vorfreude.

Als um 18 Uhr das Konzert beginnt, sind ca. 800 von 900 Plätzen des Saals besetzt. Swetlana betritt in einen wunderschönen grünen Abendkleid die Bühne. Sie ist die Moderatorin des Konzerts. Die Rur-Rock-Band hat zunächst noch Pause und kann den ersten Teil des Konzerts aus dem Zuschauerraum verfolgen.

Das Konzert beginnt mit Jazz-Klängen, danach spielen russische Rock- und Popgruppen. Unter ihnen sind auch die Studenten des Musikcolleges und der in Russland bekannte Sänger Jan Ossin. Nach der Pause hält zunächst der Bürgermeister der Stadt eine Rede. Er spricht von dem Konzert als ein „historisches Ereignis“. Auch die Schulleiter beider Schulen halten kurze Ansprachen. Der Erlös des Konzertes wird an die russischen Internate gespendet.

Nach der Pause stellen Beate und Swetlana zunächst die Schüler und Mitglieder von Rur-Rock namentlich vor. Als alle auf der Bühne sind, kann die Show beginnen.

Nach einer kurzen musikalischen Einführung durch die Schlagzeuger, beginnt das Programm mit „See you later, Aligator“. Die Zuschauer sind sofort von den rockigen Schlagzeug- und Gitarrenklängen, sowie dem Gesang von „Front-Mann“ Daniel und den anderen Sängern begeistert.

Das nächste Lied „Let it be“ ist zur Zeit in Russland sehr beliebt und wird häufig im Radio gespielt. Das Publikum erkennt es sofort und viele Zuschauer singen spontan den Refrain mit.

Bei dem Song „We are the world“ von Michael Jackson wird ein großer Erdball durch die Reihen des Publikums gereicht. Jeder möchte die Weltkugel anfassen und sie weitergeben. Nach dem Lied ruft das Publikum begeistert: „Ihr seid gut!; Ihr seid gut !“

Weiter geht es dann mit einem russischen Lied über Mädchen in Miniröcken. Auch hier singen viele Zuschauer den Text mit.

Etwas ganz Besonderes ist das Lied „Alice“, das ebenfalls zur Zeit ein großer Hit in Russland ist. Die Rur-Rock-Band singt es, zusammen mit Swetlanas Mann Vadim, mit einer englischen , einer deutschen und einer russischen Strophe. Im Zuschauerraum sind besonders die jungen Leute kaum noch auf ihren Stühlen zu halten.

Der krönende Abschluss des Konzerts ist die von Vadim komponierte Hymne des Musikworkshops. Alle mitwirkenden Künstler kommen noch einmal auf die Bühne und die Studentin Anja, Jan Ossin und Klaus Hurtz singen die Strophen in russisch und deutsch. Viele Band-Mitglieder und Zuschauer sind den Tränen nah.

Selbst nach einer Zugabe wollen der tosende Beifall und die „Ihr seid gut!“-Rufe kaum enden. Alle Künstler bekommen vom Publikum Blumen überreicht.

Das Konzert war ein voller Erfolg und überglücklich umarmen sich die Schüler, Lehrer, Betreuer, Freunde und Fans.

  Gegen 22.45 Uhr fahren ca. 30 glückliche Rockstars zurück nach Kriwsk. Natürlich wird mehrfach überprüft, ob keiner vergessen wurde.

Die Küche im Feriendorf hat extra für uns länger geöffnet, so daß wir um 23.30 noch ein warmes Abendessen bekommen.

Samstag, 26.05.01

Als wir dort ankommen, ist das gesamte Schulgelände mit bunten Fähnchen und Luftballons geschmückt. Überall sind Spielgeräte aufgebaut, Musik klingt durch die Räume und wir werden von Schülern, Lehrern, Eltern, Betreuern und Therapeuten begrüßt. Natürlich gibt es von allen Seiten noch viel Lob und Anerkennung für das gestrige Konzert.

Da es zu regnen beginnt, wird das Programm in das Foyer der Schule verlegt. Die Schüler und Lehrer haben eine lustige Modenschau vorbereitet, an der neben den russischen Schülern auch Martin von der Rurtal-Schule und Katharina von der Hauptschule teilnehmen. Die beiden Schulleiter treten ebenfalls, in Fahnen gehüllt, als „Dressmen“ auf. Außerdem wird ein kleines Theaterstück über Sterne aufgeführt.

Neben den Vorführungen gibt es noch verschiedene Spiele, Fantasie-Schminken, Live-Musik, Tanz und ein leckeres Büffet  treffen uns heute schon um 9 Uhr morgens zum letzten gemeinsamen, russischen Frühstück, denn das Schulfest im HPZ steht auf dem Programm.

Als Erinnerung an dieses besonders schöne Fest, wird ein Kastanienbaum auf dem Gelände des HPZ gepflanzt. Leider müssen wir uns schon jetzt von unseren russischen Freunden verabschieden.

Um 14 Uhr fahren wir noch einmal in die Pskower Innenstadt. In Kleingruppen haben wir dann Gelegenheit, Andenken oder Geschenke zu kaufen. Einige nutzen die Zeit auch, um Fotos von Sehenswürdigkeiten zu machen, oder über den Markt zu schlendern.

Nach dem letzten Abendessen bedankt sich die Gruppe mit kleinen Geschenken bei dem sehr netten Personal des Feriendorfes.

Anschließend werden die Koffer gepackt und bis zu unserer Abreise um 3 Uhr nachts, ruhen sich die Schüler noch etwas aus.

 

Sonntag, 27.05.01

Mitten in der Nacht werden wieder alle Taschen, Koffer, Kisten und Instrumente in den Reisebus geladen, der uns zum Flughafen bringt. Um 3 Uhr verlassen wir Kriwsk. In Pskow verabschieden sich dann auch Swetlana, Pascha und Jelena von uns. Die Woche verging für die meisten Teilnehmer viel zu schnell, und daher kann man es kaum fassen, daß die so lange geplante Reise schon wieder zu Ende geht.

  Die Busfahrt zum Flughafen verläuft sehr ruhig, da fast alle schlafen. Gegen 8.30 Uhr erreichen wir den Flughafen in St. Petersburg. Ziemlich müde übersteht die Gruppe die Wartezeit auf dem Flughafen. Die Zoll- und Passkontrollen verlaufen problemlos und um 11.45 Uhr hebt unser Flugzeug mit dem Ziel Düsseldorf ab.

In Düsseldorf werden, kurz nach der Landung, Eltern, Familie und Freunde angerufen. Als wir dann um 15.30 Uhr endlich in Oberbruch ankommen werden wir natürlich schon freudig erwartet.

Eine erlebnisreiche Woche geht damit zu Ende und zu Hause haben alle Teilnehmer sehr viel zu erzählen.

 

„Hymne Wir zusammen “

Ich lebe in Russland,

Du lebst in Deutschland,

und ein andrer auf einer Insel weit von hier.

Ich mal‘ mit Farben,

und Du tanzt beschwingt im Kreis,

und wir sprechen verschied‘ne Sprachen

und verstehn uns nicht so leicht.

Refrain

Jedoch wenn wir dieselben Sterne sehen,

und wenn wir dieselben Lieder hören,

bringt der Wind uns auf seinen Flügeln

von jedem Ort der Welt –

Worte der Liebe.